Verfassungs- und Verwaltungsrecht

Zurück zur Übersicht
29.05.2018

Formelle Rechnungsmängel hindern Vorsteuerabzug nicht

Der VwGH bekräftigte seine - dem EuGH folgende - Rechtsprechung, wonach der Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz 1994 nicht ausschließlich aufgrund des Vorliegens formeller Rechnungsmängel verweigert werden darf. Eine Versagung des Vorsteuerabzuges aus dem Grund des nicht ausreichend umschriebenen Lieferumfanges wäre nur dann möglich, wenn im Zusammenhang mit der unzureichenden Bezeichnung des Liefergegenstandes die materiellen Anforderungen für den Vorsteuerabzug tatsächlich nicht überprüft werden könnten.

(VwGH 29.05.2018, Ra 2016/15/0068)

18.05.2018

Ersatzpflicht für Kosten der Unterbringung umfasst auch Tierarzthonorar

Der VwGH hielt fest, dass von der Ersatzpflicht all jene Aufwendungen erfasst sind, die mit der Tierhaltung nach den Anforderungen des TSchG verbunden sind. Dazu zählen auch Kosten für die ordnungsgemäße Versorgung des kranken oder verletzten Tieres, erforderlichenfalls unter Heranziehung eines Tierarztes. Eine Tierhalterin oder ein Tierhalter hat sämtliche notwendigen Aufwendungen für die Haltung (Behausung, Fütterung, tierärztliche Betreuung) zu tragen, wenn sich ein Tier aufgrund einer gesetzlichen Anordnung in der Obhut von Behörden befindet.

(VwGH 18.05.2018, Ra 2017/02/0079)

27.01.2014

Einberufung zum Wehrdienst österrichisch-deutscher Staatsbürger zulässig

Österreichisch-deutsche Staatsbürger können in Österreich zum Wehrdienst einberufen werden.
Wohl ist nach Artikel 22 lit. b) bei Personen, die Staatsangehörige eines Vertragsstaates sind, der keinen Militärdienst vorsieht, grundsätzlich davon auszugehen, dass sie ihre Militärdienstpflicht erfüllt haben, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaates haben. Deutschland hat aber zu Art. 22 des Übereinkommens den Vorbehalt abgegeben, dass lit. b) nicht angewandt werde.
Infolge des deutschen Vorbehalts gilt Art. 22 lit. b) des Übereinkommens im Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland nicht, sodass eine fehlende Verpflichtung zur Ableistung des Wehrdienstes in einem Staat (hier: Deutschland) nicht von der Pflicht zur Ableistung des Wehrdienstes im anderen Staat (hier: Österreich) befreit.
Auch im Falle des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland steht der mit dem bekämpften Bescheid erfolgten Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes keine völkerrechtliche Verpflichtung, welche ein Einberufungshindernis darstellte, entgegen.

27.11.2013

Berufsfotograf - kein reglementiertes Gewerbe mehr

Berufsfotografen sind kein "reglementiertes Gewerbe" mehr. Jene Passage der Gewerbeordnung, die die Reglementierung vorsah, wurde als wegen Verletzung des Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung als verfassungswidrig aufgehoben.

(VfGH 27.11.2013, G49/2013)

31.07.2013

Einnahmen aus Veruntreuung können steuerpflichtig sein

Bezüge und Einkünfte aus bestehenden oder früheren Dienstverhältnissen zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Es genügt, wenn die Einnahme ihre Wurzel im Dienstverhältnis hat.

§ 13 Abs. 2 BAO steht der Erhebung einer Abgabe nicht entgegen, wenn die Einnahmen auf Grund einer strafbaren Tätigkeit (hier: Veruntreuung von Kundengeldern) zufließen.

(VwGH 31.07.2013, 2009/13/0194)

17.06.2013

Nichtraucherraum muss ohne Durchschreiten des Raucherbereiches erreichbar sein

Wenn der Gesetzgeber explizit von "Raucherzimmern" spricht, die in den einem grundsätzlichen Rauchverbot unterliegenden allgemein zugänglichen Räumen bestimmter Einrichtungen errichtet werden können, stand ihm offenbar vor Auge, dass es dem Inhaber der Einrichtung erlaubt ist, einen vom Nichtraucherbereich wegführenden Raucherraum festzulegen. Nichts aber deutet darauf hin, dass dieses "Raucherzimmer" etwa derart festgelegt werden dürfte, dass die Einrichtung nur über das Raucherzimmer betreten werden kann. Daher ist die Festlegung eines Raumes als Raucherzimmer, der betreten werden muss, um in das Nichtraucherzimmer zu gelangen, unzulässig.

(VwGH 17.06.2013, 2012/11/0235)

01.03.2013

"Selbsterhaltungsfähigkeit" -ohne Ausnahmen- als Voraussetzung für Erlangung der Staatsbürgerschaft ist verfassungswidrig

Die "Selbsterhaltungsfähigkeit" ist - ohne Ausnahme - eine Voraussetzung für die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Das Gesetz nimmt jedoch nicht darauf Rücksicht, dass es Menschen gibt, die aufgrund einer unverschuldeten Notlage diese Bedingung nicht erfüllen können. Auch für behinderte Menschen wird das Kriterium "Selbsterhaltungsfähigkeit" von vornherein ein Ausschließungsgrund. Diese Regelung ist daher diskriminierend und somit verfassungswidrig.

(VfGH 01.03.2013, G106/12, G17/13)

30.06.2012

Fliegerbomben - Ordentliche Gerichte zuständig

Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass für Streitigkeiten über die Kostentragung für die Suche nach Fliegerbomben die ordentlichen Gerichte zuständig sind.

K I-1/09

07.10.2012

Fortpflanzungsmedizingesetz: Antrag des OGH zu eng, daher Zurückweisung aus formalen Gründen

Der Verfassungsgerichtshof hat in dem Verfahren zur Frage der Fortpflanzungsmedizin für Frauen in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften keine inhaltliche Entscheidung getroffen, weil der Oberste Gerichtshof zu wenig angefochten hat.

(VfGH 02.10.2012, G14/10-8, G47/11-18)

24.04.2012

Telefonische Mitteilung der Partei bei der Behörde, dass die Vollmacht widerrufen wurde, genügt nicht.

Aus § 10 Abs. 1 dritter Satz AVG, wonach "vor der Behörde...eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden" kann und dem Umstand, dass für die mündliche Erteilung der Vollmacht die Anwesenheit des Vollmachtgebers vor der Behörde erforderlich ist, hat der Verwaltungsgerichtshof den Schluss gezogen, dass einer telefonischen Bevollmächtigungserklärung keine Rechtswirksamkeit zukommt (vgl. VwGH 16.10.1989, Zl. 89/10/0167).
Nunmehr hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass dies auch für den contrarius actus, den Widerruf zu gelten hat. Auch hier muss die Voraussetzung "vor der Behörde" erfüllt sein.

(VwGH 24.04.2012, Zlen. 2010/09/0088, 0089-9 (vormals 2009/02/0020, 0021))

21.03.2012

Verfassungs- und Verwaltungsrecht

Gesetze dürfen den in der Verfassung verankerten Grundsätzen nicht widersprechen. In jedem Verfahren kann es zu der Überlegung kommen, dass Gesetze gegen die Verfassung verstoßen bzw dass durch deren Anwendung verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte der Bürger verletzt werden. Dies ist unabhängig vom Verfahren und betrifft somit sowohl zivilrechtliche Belange, die vor ordentlichen Gerichten ausgetragen werden, als auch verwaltungsrechtliche Materien, die zunächst von Verwaltungsbehörden behandelt und erst nach Abschluss des Instanzenzuges vor die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (Verfassungs- und/oder Verwaltungsgerichtshof) gebracht werden können.

Auf die diesbezügliche Rechtsprechung wird aus Gründen der Übersichtlichkeit bei den einzelnen Fachgebieten verwiesen.

Zurück zur Übersicht